Mittwoch, 25. Januar 2012

Reinen Tisch machen

Ein Halbschlafhalbwachtraum:


In einem kleinen dunklen Raum standen bloß zwei Tischchen - eng beeinander. Der linke Tisch war klein. Gerade zwei Leute konnten daran Platz nehmen, jedoch nicht ohne unter dem Tischchen mit den Knien aneinander zu stoßen. Auf dem Tisch befand sich eine alte Weinflasche, die als Kerzenständer diente und somit wurde der Tisch in flackerndes Kerzenlicht getaucht. Das Wachs der Kerze war über die Flasche bis auf die rot-weiß-karierte Plastiktischdecke gelaufen. Zwei leere, mit Soße verschmierte Teller, auf denen das Besteck sauber abgelegt war, warteten darauf, abgeräumt zu werden. Ebenso wie die beiden langstieligen Weingläser. Der rechte Tisch war groß. Mindestens acht Leute konnten sich an diesen Tisch setzen. Ursprünglich war der Tisch weiß gewesen, doch das Plastik hatte sich leicht gräulich verfärbt. Keine Tischdecke bedeckte die Flecken. Dafür stapelten sich unzählige Teller und Schüsseln und Trinkbecher. Das Besteck lag wild verstreut herum. Das Chaos wurde von einer grellen Deckenleuchte bestrahlt. Zwei der Stühle, die sich um den Tisch reihten, waren umgestoßen worden.

Endlich schlurfte ein Kellner herbei. Er war schon recht alt und humpelte ein wenig, da er das rechte Bein nicht ganz belasten konnte. Seine spärlichen Haare waren ergraut, seine wässrigblauen Augen sahen müde aus. Auf der linken Seite seines Fracks befand sich ein Fleck, in etwa auf der Höhe des Herzen. Er machte sich am großen Tisch zu schaffen, stapelte die Stapel übereinander. Schließlich verfrachtete er die Unmenge an Tellern und Schüsseln und Trinkbechern und Besteck auf den kleinen Tisch. Dieser ächzte unter der Last, nahm seine Bürde aber tapfer auf sich. Der alte Mann wischte flüchtig mit einem gelben Lappen über den fleckigen großen Tisch und zog wieder von dannen. Nach einer Weile kehrte er mit einem Servierwagen wieder, der mit sauberem Geschirr und Besteck beladen war. Er deckte den großen Tisch ein, mehr schlecht als recht, und ging mit dem leeren Servierwagen im Schlepptau, wieder fort.

Der kleine Tisch schien vergessen.


Alles Liebe,
Mimi.

1 Kommentar:

  1. Der Text ist so schön geschrieben, irgendwie hat er mich richtig berührt...
    Danke für deinen Post und für deinen Tipp, mach mich gleich mal auf die Suche nach diesem Buch, neue Tipps sind immer gut :)
    Doch doch, das Buch hat ein Happy End, wie du sagst, ein Mus ! ;)
    Deine Fragen habe ich unter meinem Post beantwortet, weil die wohl noch viele andere interessieren und die liebe Nina das mal wieder nicht erwähnt hat ;)
    Liebste Grüsse

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