Montag, 26. Dezember 2011

Natürliche Idylle

Da sich vor einigen Tagen auch dieses Türchen bei Venus scribet geöffnet hat, kann ich nun auch meinen 2ten Beitrag hier veröffentlichen:



Schneeflocken beginnen aus allen Wolken zu fallen
Sie segeln durch die Wellen des Windes
Tanzen und wirbeln, jagen und schleichen
Versuchen nahe des Bodens umzukehren
Geben doch auf und legen sich sachte auf die Erde

Wo eben noch ein frischer Schuhabdruck war
Ist nun eine dicke, weiße Decke
Verborgen jede Erinnerung an den stillen Besucher
Der noch vor wenigen Minuten hier gestanden war
Und das Kunstwerk der Natur genoss

Lange war er ruhig verharrt
Seine Tränen drohten auf seinen Wangen zu frieren
Seine Zähne klapperten – doch nicht vor Kälte
Ein Schluchzen unterdrückte er gekonnt, geübt
Wollte er doch die Stille nicht unterbrechen

Er sog die kalte Luft tief ein
Sie brannte in seiner Nase, in seinem Kopf
Doch er nahm es kaum wahr
Er blickte auf den See, der vor ihm lag
Friedlich und stark sah er aus
Als könnte er einen Bären tragen

Er setzte einen Fuß vor den anderen
Verfolgte seine Schritte mit seinem Blick
Langsam, zögerlich schlich er voran
Seine Zehen waren starr vor Kälte

Am Ziel angelangt hob er vorsichtig den Kopf
Ja, hier wollte er sein
Er blickte gen Himmel und sah sie endlich vor sich
Inmitten aller Schneeflocken tanzte sie mit dem Wind
Mit der Liebe, dem Leben und dem Tod



Alles Liebe,
Mimi.

Dienstag, 20. Dezember 2011

Spuren im Schnee

tap tap tap tap
wir spazieren im schnee
stampf stampf
die spuren sind nicht sehr tief
trippel trippel trippel
die sonne, sie sinkt
husch husch
schnell wie der wind
jetzt aber zack zack
zurück geschwind

wir kehren gewiss wieder
und wir werden unsere spuren vertiefen
denn unser leben soll nich spurlos enden
wir wollen spuren hinterlassen
seien es auch nur welche im schnee
seien es auch solche, die unter neuen schneeschichten verschwinden
sie werden sein.
unsere spuren.


Alles Liebe,
Mimi.

Kinderzeit

Ich wünsche mir zum Heiligen Christ



Ich wünsche mir zum Heiligen Christ
  einen Kopf, der keine Vokabeln vergisst, 
einen Fußball, der keine Scheibe zerschmeißt - 
und eine Hose, die nie zerreißt.

Ich wünsche mir zum Heiligen Christ 
eine Oma, die nie ihre Brille vermisst, 
einen Nachbarn, den unser Spielen nicht stört - 
und einen Wecker, den niemand hört.

Ich wünsche mir zum Heiligen Christ
  eine Schule, die immer geschlossen ist, 
eine Mutter, die keine Fragen stellt - 
und einen Freund, der die Klappe hält.

Doch weil ich das alles nicht kriegen kann,
  überlass ich die Sache dem Weihnachtsmann.

(Erika Wildgrube-Ulrici)



Auch dieses Gedicht gehörte einst zu  meinen liebsten Weihnachtsgedichten.

Alles Liebe,
Mimi.

Montag, 12. Dezember 2011

Die Frage

Sagte der Mönch: "Woher kommen diese Berge und Flüsse und die Erde und die Sterne?"
Sagte der Meister: "Woher kommt deine Frage?"

Blicke in dich!

(aus dem Buch "Warum der Vogel singt - Weisheitsgeschichten" von Anthony de Mello)


Weil wir die Antworten immer in uns finden. Wenn wir ehrlich zu uns sind. Traust du dich? Dann blicke in dich.

Alles Liebe,
Mimi.

Montag, 5. Dezember 2011

Eine Reise in die Vergangenheit

Nun, da sich das Türchen bei Venus scribet geöffnet hat, kann und will ich hier meine erste Kurzgeschichte veröffentlichen, abgesehen von jenen, die zu Schulzeiten geschrieben werden mussten. Ich fand das Schreiben sehr befreiend, es hat Spaß gemacht. Ich denke, ich sollte öfters mal eine Kurzgeschichte schreiben.

Eine Reise in die Vergangenheit - als Wünsche noch wahr wurden

Sie hält an.
Der Einkaufswagen vor ihr ist noch fast leer. Sie wirft einen Blick auf ihre Liste. Milch, Eier, Wein und Fisch – oder doch Hühnchen. Milch und Eier hat sie schon. „Karl hätte Fisch gewollt.“, fährt es ihr durch den Kopf. Sie beschließt, keinen tiefgekühlten zu nehmen. Sie wird später noch zu dem kleinen Fischladen fahren und frischen Lachs kaufen. Den mochte er am liebsten.
Sie schiebt ihren Wagen weiter in die Reihe mit den Süßwaren. Statt einer Tafel nimmt sie drei. Die wird sie brauchen. Dasselbe Gefühl der Notwendigkeit überkommt sie, als sie sich für Grünen Veltliner entschieden hat. Also nimmt sie auch davon eine zweite Flasche.
Als sie durch den Schnee zu ihrem Auto stampft, fällt ihr Blick auf eine Frau mit zwei kleinen Kindern, die fröhlich um die Frau herumspringen und sich gegenseitig mit Schneebällen bewerfen. Sie empfindet Wehmut und Sehnsucht. So etwas wird sie wohl nie erleben. Oder doch? Nein, wie könnte sie.
Auf dem Heimweg stellt sie sich vor, wie es wäre, wenn Karl noch bei ihr wäre. Ob sie denn auch Kinder bekommen hätten? Ein entzückendes Mädchen mit zwei kleinen Zöpfchen hatte er sich gewünscht. Aber sie wollte noch nicht. Sie wollte Karriere machen. Naja, zumindest ein bisschen. Nicht immer nur die sein, die den Kaffee bringt und Kopien macht. Sie hatte viel mehr drauf. Und das wollte sie beweisen. Damals. Heute macht sie gerne Kaffee. Da kann sie sich wenigstens in ihren Erinnerungen verlieren.
Und wieder stellt sie sich vor, wie sie mit Karl unter einem prächtigen Christbaum kniet und sie beide ihr kleines Mädchen mit den Zöpfen umarmen, während ihr alter CD-Player die Töne von „All I want for Christmas“ ausspuckt. Sie liebt diesen Song. Damals, als sie ihr erstes gemeinsames Weihnachtsfest in einer Karaoke-Bar verbracht hatten, hatten sie diesen Song im Duett gegrölt. Absurd, wie sie heute fand. Karl hatte seine Eltern nie kennen gelernt. Sie hatte sich mit ihrem Vater gestritten und sich so geweigert, Weihnachten mit ihrer Familie zu verbringen. Die Karaoke-Bar war an jenem Abend der einzig richtige Ort gewesen. Es war laut und lustig – und es gab reichlich zu Trinken. Anstatt zu Hause über einander herzufallen, musste Karl sie in die Wohnung tragen. Am nächsten Tag weckte er sie mit einem Kuss. Sie erinnert sich genau, wie elend sie sich fühlte. Und dennoch liebt sie diese Erinnerung. Diese Erinnerung ist einer ihrer kostbarsten Schätze. Ihr Karl war so zärtlich und liebevoll gewesen. Sie war wunschlos glücklich.

Sie hält an.
Glücklicherweise war eine Abfahrt zu einer Raststätte aufgetaucht, kurz nachdem sie ihr Handy piepsen gehört hatte. Der Scheibenwischer streift scheinbar endlos die dicken Schneeflocken zur Seite. Ach, hätt er doch damals auch angehalten. Sie dreht den Radio leiser und hört gerade noch, wie Mariah Carey zu singen beginnt. Nun steht sie also auf dem Parkplatz und kramt nach ihrem Handy. Ihr Schwager hat eine SMS geschickt. Es ist soweit! Aufgeregt wählt sie seine Nummer.
„Ein Mädchen, es ist ein Mädchen!“ Sofort macht sie sich auf den Weg. Eine Prinzessin! Sie hatte es geahnt. Ihre Schwester wollte sich ja überraschen lassen, aber sie hatte es immer gespürt. Vor dem Haus ihrer Schwester steht schon der Wagen ihres Vaters. Eine dünne Schicht von Schnee hat sich auf das Dach des Autos gelegt. Sie freut sich darauf, ihre Eltern zu sehen, der Streit ist schließlich aus dem Weg geräumt worden.
Als sie ins Wohnzimmer kommt, sieht sie nur strahlende Gesichter. Sie lassen sie durch zu ihrem Schwager, der die Kleine auf dem Arm hält. Ihre Schwester ist nicht im Raum. Die Hausgeburt hat sie erschöpft.
Plötzlich zwinkerte sie dieses kleine Wesen aus seinen verschlafenen Augen an. Sie ist wunderschön. „Wir nennen sie Caroline.“, unterbricht ihr Schwager die Stille, schenkt ihr einen mitfühlenden Blick und reicht ihr die Prinzessin. Ihr dankbares Lächeln gilt nicht nur ihrem Schwager. Ein Gefühl der Glückseligkeit überkommt sie, als sie den kleinen Körper in ihren Händen hält. Der Name hallt in ihren Gedanken nach. Caroline… Caroline öffnet ihr winziges Mündchen und gähnt. Sie ist das Schönste, was sie je gesehen hat. Karl hätte sie geliebt.

Sie hält an.
Seit einer gefühlten Ewigkeit zappt sie nun schon durch die Kanäle des Krankenhausfernsehers. Bloß Weihnachtsschnulzen. Sie zappt weiter. Den Fernseher auszuschalten wagt sie nicht. Sie fürchtet sich vor der Einsamkeit, die sie dann heimsuchen würde. „Mein einziger Weihnachtswunsch…“, setzt sie an.
Sie hat ihn verloren. Der Mensch, der sie verstand, wie kein anderer, ist nicht mehr bei ihr. „Karl..“, haucht sie, bevor sie ihr Gesicht schluchzend in ihrem Kopfkissen vergräbt.
Als ihre Eltern den Kopf zur Tür reinstecken, ist sie eingeschlafen. Ihre Mutter streicht ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihr Vater hält ihre Hand. Blinzelnd öffnet sie die Augen. Sie lächelt schwach, bevor sie die Lider wieder senkt und weiterschläft.

Sie hält an.
Unter ihren Füßen knirscht der Schnee. Eine sternklare Nacht. Sie will sie genießen. Sie blickt gen Himmel und sucht nach Sternbildern – obwohl sie nach wie vor keine Ahnung davon hat. Er hat schon so oft versucht, ihr die Sterne näher zu bringen. Immer wieder vergisst sie, was er ihr dazu erzählt. Ihr ist das nur recht, denn so hat sie einen Grund, ihn immer wieder zu Abendspaziergängen zu überreden, sei es auch och so kalt.
„Zeig sie mir nochmal!“, bittet sie ihn und folgt mit ihrem Blick dem Rauch, der ihre Worte in die Luft malt. Doch als er zu erklären beginnt, hört sie nicht, was er sagt. Nein, sie lauscht nur dem Klang seiner Stimme. Sie ist so weich und klar. Für einen Augenblick schließt sie die Augen und lässt sich von der melodischen Sprechweise berauschen. Sie schlägt die Augen wieder auf und folgt seinen Fingern, die ihr die Richtung weisen, in welcher sich der Große und der Kleine Wagen befinden.
„Wunderschön.“, seufzt sie, und meint damit das Lächeln, dass er stets im Gesicht trägt, wenn er von den Sternen spricht. Er begreift und blickt sie an.
„Ich liebe dich.“, flüstert sie zaghaft und nimmt seine eiskalte Hand. Sanft drückt er die ihre, zieht sie zu sich und küsst sie auf die Stirn. „Und ich dich, mein Engel.“, erklingt seine schönste Melodie. „Und ich dich.“
Dann gehen sie weiter. Ihr einziger Weihnachtswunsch ist wahr geworden.


...zwischen den Zeilen lesen..

Alles Liebe,
Mimi.

Samstag, 3. Dezember 2011

Wer redet

Kommt

Kommt, reden wir zusammen
wer redet, ist nicht tot,
es züngeln doch die Flammen
schon sehr um unsere Not.
Kommt, sagen wir: die Blauen,
kommt, sagen wir: das Rot,
wir hören, lauschen, schauen
wer redet, ist nicht tot.
Allein in deiner Wüste,
in deinem Gobigraun-
du einsamst, keine Büste,
kein Zwiespruch, keine Fraun,
und schon so nah den Klippen,
du kennst dein schwaches Boot-
kommt, öffnet doch die Lippen,
wer redet, ist nicht tot.

(Gottfried Benn)



Ich erinnere mich, dieses Gedicht schon in Schulzeiten gelesen zu haben. Ich erinnere mich, dass ich damals schon nicht genau wusste, was "das Rot" denn nun tatsächlich ist. Aber ich erinnere mich, dass die einzigen Worte, die ich wirklich wichtig fand, damals die selben waren, wie jene heute.

Und eben an dem heutigen Tag hat ein Dozent von diesen Zeilen gesprochen. Gesagt, wie wichtig es ist, zu sprechen. In Worten formen, was sich in uns verbirgt.

Alles Liebe,
Mimi.