Freitag, 30. September 2011

Immer neue Küsse gib

Küss mich auf den Mund, mein Lieb,
Immer neue Küsse gib.
Welkt am Weinstock Blatt um Blatt,
Man den Most im Keller hat.
Ach, das Leben ist versüßt
Dem, der sich durchs Leben küsst.
Wer verkennt des Jahres Zweck,
Dem nur schenkt der Herbst den Dreck.
Liebste, drück mir auf den Mund
Küsse wie die Blätter bunt,
Küsse wie der junge Most,
Und berauscht leb' ich getrost.

(Max Dauthendey)

Ein etwas anderes Herbst-Gedicht.

Alles Liebe,
Mimi.

Samstag, 24. September 2011

Unbemerkt

Windstill
und dennoch
leise, ganz leise
fällt das erste Blatt zu Boden

Es fliegt,
gleitet in der Luft,
es dreht sich
wie ein Karusell

Dann liegt es still

Unbemerkt

Ein zweites
macht sich auf den Weg,
sich zu ihm zu gesellen

Und dann
ein drittes, viertes, ...

Ein Sturm bricht an
Es bläst der Wind
und reißt die Blätter
alle
von den Ästen

Erst
als der Baum
kahl und leer
umringt
von einem Blättermeer
am dürren Felde steht
da wird es ruhig und friedlich

Dem Wind ist die Puste ausgegangen
er ist still geworden
das bunte Treiben gönnt sich eine Pause
bis der Wind 
wieder zu Kräften kommen konnte

Und flink, ganz flink
sucht sich ein Igel
Unterschlupf

Unter dem kahlen Baum
am dürren Feld
in dem bunten Blättermeer

Unbemerkt.






Mit diesem Gedicht möchte ich an dem Gewinnspiel von Venus Scribet teilnehmen. Ich finde die Idee, der Teilnahmebedingung (Gedicht, Geschichte oder Bild zum Thema Herbstliebe) sehr schön :) Und es war ein guter Grund, sich mit schönen Gedanken zu befassen. 

Was haltet ihr von der Idee, wenn ihr mir wöchentlich ein Thema vorgebt, zu dem ich schreiben könnte? Ich kann zwar nicht versprechen, dass es klappt, aber ich würde es gerne mal versuchen. Würdet ihr mitmachen, indem ihr mir Themen liefert?

Alles Liebe,
Mimi.

Sonntag, 18. September 2011

Gott, gib mir!

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.


Es gibt Tage, an denen man der Verzweiflung nahe ist. Tage, an denen der Glaube eine Stütze sein kann. Doch auch für jene, die nicht glauben, sind diese Worte zweifellos sinnstiftend. Gelassenheit - wenn es nicht anders geht. Mut - wenn man wüsste, was zu tun ist. Weisheit - wenn man sich bei der Einordnung unsicher ist.

Unruhe und Ungeduld. Der erfolglose und ewige Versuch, zu ändern, was sich nicht ändern lässt. Die Verzweiflung, die einen erfasst, wenn man hinnehmen muss, was sich nicht aushalten lässt.

Mutlosigkeit. Es klingt so schwach, sich als mutlos zu bezeichnen. Man belügt sich selbst, und macht sich vor, dass es keinen anderen Ausweg gibt. Man wendet sich der angeblichen Gelassenheit hin, gibt sich stark: "Seht her, ich ergebe mich!".  Doch in Wahrheit ist es einfach nur Schwäche.

Weisheit. Ehrlichkeit. Sich selbst gegenüber. Sich eingestehen, dass es sich nicht ändern lässt. Oder: Sich aufraffen und kampfbereit machen. Gelassenheit, oder Mut. Auf jeden Fall Weisheit.

Gott gebe uns, was uns fehlt.

Alles Liebe,
Mimi.

Montag, 5. September 2011

Das Nest des Windes

Du musst doch nur die Hand ausstrecken
dich nach dem Leben recken
die Luft auf der Zunge schmecken

Der Wind hält dich fest
wenn du dich fallen lässt
bettet er dich in sein Nest

Du wirst dich fühlen
als könntest du fliegen
und die ganze Welt besiegen

Lass Zeit vergehen,
Gedanken entstehen
und du wirst die Freiheit sehen


Alles Liebe,
Mimi.