Freitag, 3. Februar 2012

Das Wort der Woche

Als sie den Kleinen in der Sandkiste abgesetzt hat, sucht sie sich einen Platz auf der Parkbank, von wo aus sie ihn beobachten kann. Der Junge fragt seine kleine Spielkameradin, ob er ihr denn eine Sandbirne, oder Sandweintrauben machen soll, indem er mit den beiden Förmchen winkt. Das Mädchen deutet auf die Birne und klatsch in die Hände. Ihr Lächeln bewegt den Jungen dazu, eifrig Sand in die Form zu schaufeln. Plötzlich steht die Mutter der kleinen Prinzessin an der Kiste, angelt sie heraus und sagt freundlich: "Verabschiede dich von deinem Freund, wir müssen jetzt leider los!". Das Mädchen schließt ihre Fingerchen zu einer Faust und öffnet sie wieder. "Baba", purzelt aus ihrem kleinen Mündchen. Und schon hetzt die Frau mit ihrer Tochter davon. Sie machen sich auf den Weg, zu ihrer Freundin, die sie vor wenigen Minuten völlig verzweifelt angerufen hat und dringend eine tröstende Schulter zum Ausweinen benötigt. Die Frau beschließt, ausnahmsweise den Bus zu nehmen, obwohl sie es eigentlich meidet, damit zu fahren, wenn er wie eben voller Schüler ist. Sie hat Glück, und bekommt einen Sitzplatz, und nimmt ihre Tochter auf den Schoß. Ihr gegenüber telefoniert ein Junge. "Nein, ich hab keine Zeit, ich muss Mathe lernen..." erzählt dieser seinem Kumpel. Am anderen Ende der Telefonleitung ertönt ein schwaches "Ok, dann eben morgen." von dessen Freund, der sich sein Skateboard schon unter den Arm geklemmt hat und soeben das Haus verlässt, um ohne seinen Kumpel zu üben. Im Treppenhaus begegnet er der alten Dame, die in einer Erdgeschosswohnung lebt. Sie schleppt sich mühsam die wenigen Treppen hoch. Grußlos läuft er an ihr vorbei. "Die Jugend von heute!", grummelt die Dame vor sich hin, und klammert ich am Geländer fest. Die Eingangstüre öffnet sich erneut, und die Studentin vom 2ten Stock betritt das Foyer. "Warten Sie, ich kann Ihnen doch helfen!", bietet sie der Dame an, und diese nimmt das Angebot gerne an. Als die Studentin in ihrer eigenen Wohnung ankommt, macht sie sich rasch eine Suppe aus der Packung. In der Wohnung ober ihr ertönt laute Musik. Das Mädchen, das die Boxen soeben lauter gedreht hat, tanzt wild durch ihr Zimmer, während ihre Freundin vor dem Spiegel steht um ihr viel zu dickes Makeup zu erneuern. "Vielleicht seh ich ihn ja heute Abend wieder - und vielleicht spricht er mich diesmal an!", spricht sie ihre Gedanken aus. Der Herzbube, von dem die Rede ist, steht zu Hause vor dem Badezimmerspiegel. "Hi!", "Hallo.", "Hey, wie gehts?", übt er in allen verschiedenen Variationen. Vielleicht überwindet er heute endlich seine Schüchternheit. Es klopft an die Tür. "Lass mich rein, ich muss die Wäsche aus der Maschine holen!", ruft seine Schwester. Als sie mit dem vollbeladenen Wäschekorb in den Garten geht, sieht sie ihren Nachbarn, der gerade zum Auto geht. Sie grüßen sich flüchtig, und schon ist der Man auch schon mit dem Auto um die nächste Kurve gebogen, um noch mal kurz ins Büro zu fahren. Als er bei einer roten Ampel stehen bleibt, sieht er einen Mann mit zerfledderter Jacke über die Straße torkeln. Er geht schnurstracks in den nächsten Laden. Als er mit einem Tetrapack Wein an der Kasse steht, wartet er darauf, dass die Frau vor ihm endlich auf den Cent genau bezahlt hat. Die Frau schnappt sich ihren vollbeladenen Einkaufskorb und beeilt sich, schnell nach Hause zu kommen. Dort angelangt ruft sie nach ihrer Tochter "Hilf mir bitte beim Verräumen!". Die Tochter schreibt schnell noch die Überschrift ihres Posts. "Das Wort der Woche", liest sie, und drückt auf "Speichern."
 

Arbeit war das Wort der Woche. Ich bin nicht ganz sicher, ob das ersichtlich wurde. Ich wollte aufzeigen, dass unser tägliches Leben immerzu aus Arbeit besteht. Arbeit, mit der wir Geld verdienen. Arbeit, mit der wir Beziehungen aufbauen - und aufrecht erhalten. Arbeit an uns selbst. Arbeit, die wir in unserer Freizeit ausüben. Arbeit, um uns das Leben nicht schwerer zu machen. (...) Ja, es ist sogar Arbeit, wenn man lernt, die ersten Worte zu sagen. Und auch ich halse mir freiwillig Arbeit auf, indem ich das Wort der Woche schreibe.

Arbeit ist gut. Sie gibt uns Sinn. Und wenn es uns an Sinn fehlt, könnte es uns wie dem Mann mit dem Tetrapack ergehen...


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1. Betti Bee

Das nächste Wort der Woche ist das nächste Wort, das ich aus dem Mund einem meiner Eltern sagen höre:

"I - hob - an - Schlof!", 

sagte mein Papa. Ihr könnt euch also aussuchen: "Ich" oder "Schlaf"? Eigentlich wäre es ja "Ich"...hm?

Alles Liebe,
Mimi.

5 Kommentare:

  1. Tolle Geschichte!
    Und ja, du es wunderbar aufgezeigt das unser Alltag immerzu aus Arbeit besteht!

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  2. http://betti-bee.de/?p=2617

    Da ist er, der Link. Besser spät als nie ;) Ich arbeite übrigens mit Kindern mit Behinderung. Naja, Kinder benötigen eben auch manchmal Windeln...

    In Schweden war es so, dass die Nummern der Personen, die dran waren, auch immer angezeigt wurden, also nicht nur gesagt. Das erleichtert das Ganze natürlich. Besonders praktisch fand ich es z.B. im Elektroladen, weil du mit deiner Nummer noch durch den Laden gehen und die Dinge ansehen konntest, anstatt blöd rum zu stehen.

    Liebe Grüße
    Betti

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  3. super michi echt super hat spaß gemacht zu lesen :)

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  4. du versüßt mir echt immer den Tag mit dem Wort der Woche...hast schon mal überlegt selbst ein Buch zu schreiben?
    ganz ganz toll, Danke

    übrigens habe ich bemerkt dass du auch aus Österreich kommst, woher wann ich fragen darf :)
    Ganz liebe Grüße
    Lubi :)

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  5. ich bin aus Oberösterreich, Bezirk Schärding...habe aber schon drei Jahre in Kärnten gelebt und zwar am Millstädtersee :)
    ich freue mich so über jeden Österreicher den ich hier finde, es bloggen noch nicht so viele :(

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